Joker-Kompetenz ZUKUNFTS-LUST
Gründer:innen haben sie. Die Überzeugung, dass ihr Produkt einen positiven Unterschied für die Zukunft erzeugt, motiviert sie zu tüfteln, Rückschläge hinzunehmen, Inverstor:innen zu überzeugen und um Kund:innen zu werben. Wenn ich mit Gründer:innen arbeite, schwanke ich zwischen Bewunderung für die scheinbar nicht versiegende Motivation und leiser Skepsis angesichts des beharrlichen Optimismus, mit der sie ans Werk gehen.
Führungskräfte und Leitungsteams haben häufig auch Zukunfts-Lust. Das erlebe ich bei Beratungs-Aufträgen, wo zwar Schwierigkeiten der Auslöser sind, sie aber definiert werden als
Hindernisse auf einem Weg zu einem attraktiven Ziel,
Chancen zur Verbesserung des Angebots,
machbare Zumutungen.
Zukunfts-Lust braucht Konsequenzen
Viele Mitarbeitende kennen eine Führungskraft, die ihnen freundlich die Hand auf die Schulter legt, „Du schaffst das schon!“ sagt und sich dann anderen Dingen zuwendet. Ohne die nötigen Rahmenbedingungen versiegt Anfangsmotivation allerdings rasch. Wenn die Zukunfts-Lust nicht naiv wirken soll, brauchen Mitarbeitende
organisationale Rahmenbedingungen, in denen sie ihre Fähigkeiten ausspielen können, also echten Einfluss, die Übergabe von Ressourcen und Verantwortung für ihr Tun (sehr aufschlussreich dazu erste Ergebnisse aus dem aktuellen New-Work-Barometer von Prof. Carsten C. Schermuly)
das Vertrauen ihrer Führungskräfte, dass sich die Mitarbeitenden kompetent und motiviert einbringen wollen (dazu müsste der „Widerstand“ von Mitarbeitenden endlich mal als sachlicher Einwand und nicht als Grundhaltung vermutet werden)
langen Atem und die Risikobereitschaft, dass es vielleicht nicht funktioniert
Der Unterschied zu den Gründungs-Garagen ist also, dass die – eingeschwungene – Organisation die Ärmel hochkrempeln muss und nicht nur ein kleines Team. Doch es lohnt sich, die Gründe für mehr oder weniger Engagement zuerst in den organisationen Rahmenbedingungen und im eigenen Führungs-Verhalten zu suchen.
Vorsicht: Zukunfts-Zynismus
Das Gegenteil von Zukunfts-Lust ist übrigens diese ironische Distanz, die vom Spielfeldrand aus kommentiert und die es im Zweifelsfall „vorher wusste“. Führungskräfte, die „alles schon einmal erlebt haben“ vermitteln, dass Elan, Engagement und Motivation naive Haltungen von unerfahrenen oder unverbesserlich optimistischen Menschen sind. Mit der Wirklichkeit haben diese ihrer Meinung nach nichts zu tun.
Es gibt kein zurück in die Zukunft
Gleichermaßen zynisch und demotivierend agieren Führungskräfte, die „früher alles besser“ finden. Denn unabhängig davon, wie man z.B. Künstliche Intelligenz bewertet, wird sie nicht wieder verschwinden. Das gleiche gilt für die derzeit ebenfalls als apokalyptische Reiter der Wirtschaft gehandelten Themen Klimawandel, Fachkräftemangel und nationale Abschottung der Märkte. Manche Führungskräfte fügen auch gern noch das Homeoffice und die drohende Vier-Tage-Woche hinzu.
Zukunfts-Lust ist robust und unwiderstehlich
Ich stelle mir Führung vor wie das Treppenhaus von Hogwarts: Es gibt ein Ziel, es gibt begrenzte Möglichkeiten, unterwegs kann sich alles ändern – und ich bleibe beharrlich flexibel. Das schließt Frustration, Ermüdung, Wut nicht aus. Sie geben wichtige Rückmeldungen, Anlass zur Reflexion und zur Korrektur des Vorgehens. Sie taugen allerdings nicht als Führungs-Motivation.
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